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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 14. Mai 2015

DAS VERSPRECHEN EINES LEBENS (2014)

Originaltitel: The Water Diviner
Regie: Russell Crowe, Drehbuch: Andrew Anastasios und Andrew Knight, Musik: David Hirschfelder
Darsteller: Russell Crowe, Olga Kurylenko, Yilmaz Erdogan, Cem Yilmaz, Jai Courtney, Dylan Georgiades, Ryan Corr, James Fraser, Ben O'Toole, Jacqueline McKenzie, Isabel Lucas, Steve Bastoni, Damon Herriman
 The Water Diviner
(2014) on IMDb Rotten Tomatoes: 61% (6,1); weltweites Einspielergebnis: $38,2 Mio.
FSK: 12, Dauer: 112 Minuten.

Das idyllische Leben der australischen Farmerfamilie Connor findet ein jähes Ende, als der Erste Weltkrieg ausbricht und die drei Söhne der Familie als Soldaten in Europa ins Feld ziehen – wo sie nach der verheerenden Schlacht von Gallipoli in der Türkei allesamt als gefallen gelten. Als nach dem Krieg Mutter Eliza (Jacqueline McKenzie, "Deep Blue Sea") ihrem Leben, von der Trauer überwältigt, ein Ende setzt, macht sich Witwer Joshua (Russell Crowe, "Robin Hood") – in seiner Heimat bekannt dafür, versteckte Wasserquellen im Wüstenboden zu finden – auf den Weg nach Europa. Dort will er auf dem Schlachtfeld die sterblichen Überreste seiner Söhne finden und sie zuhause neben dem Grab ihrer Mutter beerdigen – angesichts von etwa 100.000 Toten dieser Schlacht ein schier hoffnungsloses Unterfangen, das durch die Bürokratie der britischen Besatzer zusätzlich erschwert wird. Doch Joshua denkt nicht daran, aufzugeben; schließlich findet er mit Hilfe des türkischen Majors Hasan (Yilmaz Erdogan, "Es war einmal in Anatolien") heraus, daß sein ältester Sohn Art (Ryan Corr, "Wolf Creek 2") in den türkischen Aufzeichnungen als Kriegsgefangener geführt wird und somit tatsächlich noch leben könnte! Die einstigen Lager sind inzwischen allerdings aufgelöst, das ganze Land versinkt im Chaos und überall brechen schwere Kämpfe zwischen Türken und Griechen auf …

Kritik:
Außerhalb des australischen Kontinents dürften die meisten Menschen nur wenig über die Mitwirkung von Soldaten aus Australien, Neuseeland und Tonga am Ersten Weltkrieg wissen – tatsächlich kämpften sie jedoch an der Seite der Alliierten und erlitten bei der Schlacht von Gallipoli gegen die Truppen des mit dem Deutschen Kaiserreich und der Monarchie Österreich-Ungarn verbündeten Osmanischen Reichs horrende Verluste, an die jedes Jahr mit einem nationalen Gedenktag erinnert wird. Cineastisch hat die Schlacht bereits 1981 der australische Meister-Regisseur Peter Weir ("Der Club der toten Dichter", "Die Truman Show") in seinem preisgekrönten Kriegsdrama "Gallipoli" mit einem sehr jungen Mel Gibson geschildert. Russell Crowe – ein gebürtiger Neuseeländer – nimmt die Geschehnisse als Ausgangspunkt für sein Regiedebüt, das allerdings weniger ein (Anti-)Kriegsfilm ist als eine Abenteuer-Geschichte über Versöhnung im Rahmen eines Familiendramas. Das Resultat seiner Mühen ist inszenatorisch etwas unausgewogen und nicht frei von inhaltlichen Schwächen, überzeugt insgesamt aber mit einem feinen Gespür für Dramaturgie und gut ausgearbeiteten zentralen Figuren.

Russell Crowe selbst verkörpert den tragischen Familienvater mit gewohnter Souveränität, die Last, die auf den Schultern des einfachen Farmers ruht, ist speziell in der ersten Filmhälfte regelrecht greifbar. Fast noch mehr Eindruck hinterlassen aber die beiden türkischen Soldaten Major Hasan und Sergeant Jemal (Cem Yilmaz, "G.O.R.A."), die eigentlich Lt. Colonel Hughes (Jai Courtney, "Jack Reacher") dabei helfen sollen, die unzähligen Opfer der Schlacht – die letztlich von den Türken gewonnen wurde – zu identifizieren, damit sie einigermaßen würdig begraben werden können. Diese vier gut gespielten Charaktere stehen ganz besonders für das löbliche Versöhnungs-Motiv des Films. Wenngleich der Prozeß der emotionalen Annäherung zwischen den noch vor kurzem verfeindeten Männern kaum mit Überraschendem aufwartet, so ist er doch nachvollziehbar und sensibel in Szene gesetzt – zum Katalysator wird vor allem Joshua Connor, dessen unbeirrbare Hartnäckigkeit bei der Suche nach seinen Söhnen wider alle Bürokratievorschriften auf beiden Seiten mit Empathie verfolgt und schließlich sogar aktiv unterstützt wird. Eine andere Facette der Versöhnung ergibt sich durch Joshuas Einquartierung in dem kleinen Hotel der verwitweten Ayshe (Olga Kurylenko, "Oblivion"), die nach dem Verlust ihres Mannes in der gleichen Schlacht nachvollziehbaren Haß auf alle Australier empfindet, sich aber durch das ähnliche Schicksal – und die Umtriebigkeit ihres gewitzten kleinen Sohns Orhan (Dylan Georgiades) – bald mit ihrem bescheiden auftretenden Gast verbunden fühlt.

So überzeugend, ja sogar liebevoll die wichtigsten Charaktere gezeichnet sind, so ärgerlich ist gleichzeitig eine immer wieder zum Vorschein kommende übertriebene Schwarzweißmalerei bei den Nebenfiguren. Insbesondere in der zweiten Hälfte ist es mehr als fragwürdig, daß die Türken als freiheitsliebende Vaterlandskämpfer dargestellt werden und die Griechen als böse Räuber – möglicherweise ein Zugeständnis an die türkischen Produktionspartner, das sich kommerziell auf jeden Fall gelohnt hat. Denn in der Türkei, in der das Kino normalerweise wie in kaum einem anderen Land von heimischen Produktionen dominiert wird und Hollywood nur gelegentliche Achtungserfolge erringt, lief "Das Versprechen eines Lebens" mit beinahe 1,3 Millionen Zuschauern ausgesprochen erfolgreich (zum Vergleich: das waren etwas mehr als bei den ersten beiden "Der Hobbit"-Teilen, Superhelden-Filme scheitern sogar regelmäßig an der Millionenmarke). Und wenn wir schon bei Kritikpunkten sind: In Sachen Subtilität muß Russell Crowe als Regisseur definitiv noch einiges lernen. Nur ein harmloses Beispiel vom Filmbeginn: Ich habe ja wirklich keine Probleme damit, wenn mir auf der Leinwand ein richtig fieser Priester präsentiert wird, der gegenüber einem Mann, der seine gesamte Familie verloren hat, keinerlei Mitgefühl zeigt und sich sogar noch dafür bestechen läßt, daß die tiefgläubige Eliza Connor auf geweihtem Boden begraben werden darf – daß dieser Kerl aber auch noch einen ziemlich ausgeprägten Hitler-Scheitel hat, ist dann doch zu viel des Guten (bzw. Schlechten) … Solch plakative Szenen gibt es immer wieder einmal, des weiteren nervt Crowe mit dem gehäuften Einsatz inhaltlich vollkommen überflüssiger Zeitlupen.

Auf der Habenseite steht dafür wiederum die optische Gestaltung, denn der OSCAR-gekrönte "Der Herr der Ringe"-Kameramann Andrew Lesnie beweist in seinem leider letzten Film einmal mehr, welch gutes Gespür er für epische Weitwinkel-Aufnahmen hat. Auch die Kostümbildner und Ausstatter haben einen guten Job dabei gemacht, die Türkei des frühen 20. Jahrhunderts zum Leben zu erwecken. Überhaupt hat mir die Einbettung der Handlung in den historischen Nachkriegskontext sehr gefallen – diesem Aspekt hätte man zwar durchaus noch mehr Tiefe verleihen können, dennoch setzen Crowe und sein Team die latent bedrohliche Atmosphäre in diesem besiegten, aber immer noch stolzen und um seine Zukunft als eigenständige Nation zwischen Ost und West kämpfenden Reich überzeugend um. Gleichzeitig verläßt die zentrale Story von "Das Versprechen eines Lebens" in der zweiten Hälfte zunehmend den Boden der Glaubwürdigkeit zugunsten einer guten Erzählung. Das mag in mancher Hinsicht fragwürdig sein; so wird etwa die Tragik von Joshuas Geschichte nur in vereinzelten, dann aber sehr bewegenden Szenen richtig überzeugend transportiert, und auch über die Notwendigkeit der sich früh abzeichnenden zarten Romanze zwischen Joshua und Ayshe kann man vortrefflich diskutieren. Jedoch: In dramaturgischer Hinsicht funktioniert dieses Vorgehen, und so erweist sich "Das Versprechen eines Lebens" als sehr unterhaltsamer und temporeicher Abenteuerfilm mit Herz. Und Russell Crowe darf gerne öfters Regie führen, solange er an seinen Schwächen arbeitet.

Fazit: "Das Versprechen eines Lebens" ist ein kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges in der besiegten Türkei angesiedelter Abenteuerfilm, der mit seinen sympathischen Figuren und einer ausgeprägten Botschaft der Versöhnung punktet, die über manche inszenatorische Schwäche und einen gewissen Mangel an Glaubwürdigkeit hinwegsehen lassen.

Wertung: 7,5 Punkte.


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