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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Mittwoch, 24. Dezember 2014

DER HOBBIT – DIE SCHLACHT DER FÜNF HEERE (3D, 2014)

Originaltitel: The Hobbit – The Battle of the Five Armies
Regie: Peter Jackson, Drehbuch: Fran Walsh, Philippa Boyens, Guillermo del Toro und Peter Jackson, Musik: Howard Shore
Darsteller: Martin Freeman, Richard Armitage, Sir Ian McKellen, Luke Evans, Orlando Bloom, Evangeline Lilly, Lee Pace, Manu Bennett, John Tui, Billy Connolly, Ken Stott, Aidan Turner, Graham McTavish, James Nesbitt, Dean O'Gorman, Peter Hambleton, Adam Brown, William Kircher, Jed Brophy, Stephen Hunter, Mark Hadlow, John Callen, Ryan Gage, John Bell, Peggy Nesbitt, Mary Nesbitt, Stephen Fry, Mark Mitchinson, Sylvester McCoy, Cate Blanchett, Hugo Weaving, Sir Christopher Lee, Mikael Persbrandt, Benedict Cumberbatch, Sir Ian Holm
 The Hobbit: The Battle of the Five Armies
(2014) on IMDb Rotten Tomatoes: 59% (6,3); weltweites Einspielergebnis: $956,0 Mio.
FSK: 12, Dauer: 144 Minuten.

Nachdem die Zwerge den uralten Drachen Smaug durch ihr Eindringen in den Berg Erebor so richtig sauer gemacht haben, läßt er seine Wut kurzerhand an der nahegelegenen Seestadt aus. Nach deren Zerstörung retten sich die Überlebenden – darunter der mutige Bogenschütze Bard (Luke Evans, "Dracula Untold"), aber auch die schöne Elbin Tauriel (Evangeline Lilly, TV-Serie "Lost") und einige Zwerge in die Ruinen der einst ebenfalls von Smaug zerstörten, direkt am Berg gelegenen Stadt Thal. Dort erhalten sie bald rettende Vorräte, die direkt vom Elbenkönig Thranduil (Lee Pace, "Guardians of the Galaxy") übergeben werden – der auch gleich noch seine Truppen mitgebracht hat. Die Versorgung der Menschen ist nämlich nicht der oberste Punkt auf seiner Tagesordnung, stattdessen fordert er von den Zwergen um Thorin Eichenschild (Richard Armitage, "Captain America") – die sich nun im Erebor verschanzt haben – die Rückgabe einiger wertvoller Schmuckstücke zurück, die seiner Ansicht nach seinem Volk gehören. Trotz der Vermittlungsversuche durch Bard und den Hobbit Bilbo (Martin Freeman, TV-Reihe "Sherlock") zeigt sich der immer fanatischer werdende Thorin stur und beschwört so einen Kampf herauf. Einen Kampf, der sich zu einer wahren Schlacht auszuwachsen droht, als auch noch der Ork-Anführer Azog der Schänder (Manu Bennett, TV-Serie "Arrow") mit seinen Truppen zunächst unbemerkt anrückt …

Kritik:
Das ist es also: Das große Finale der "Hobbit"-Trilogie und der höchstwahrscheinlich letzte filmische Ausflug des neuseeländischen Regisseurs Peter Jackson nach Mittelerde. Zwar hätte Jackson durchaus Interesse daran, weitere Erzählungen aus der Feder von J.R.R. Tolkien zu adaptieren (und davon gibt es viele in Frage kommende in dessen Geschichtensammlungen wie "Nachrichten aus Mittelerde" oder "Das Buch der verschollenen Geschichten"), aber bis auf "Der Herr der Ringe" und "Der Hobbit" (deren Filmrechte noch Tolkien selbst verkaufte) liegen die Rechte daran komplett bei den Tolkien-Erben. Und die – speziell Tolkiens Sohn Christopher – waren bereits mit Jacksons "Der Herr der Ringe"-Trilogie so unzufrieden, daß sie aktuell keinerlei Interesse daran haben, weitere Mittelerde-Filme zuzulassen. Erfahrungsgemäß wird sich diese Haltung mit sehr großer Wahrscheinlichkeit in den nächsten Jahrzehnten ändern, denn ein Phänomen ließ sich schon häufig beobachten: Je länger der Tod eines Künstlers in der Vergangenheit liegt, desto stärker verlagert sich das Augenmerk der Erben weg von der Wahrung der künstlerischen Integrität des Werks ihres Vorfahren und hin zum Geld. Bis das mit Tolkiens Büchern geschieht, dürfte Peter Jackson aber mindestens in Rente sein, also müssen wir uns damit abfinden, daß "Der Hobbit – Die Schlacht der fünf Heere" für lange Zeit die letzte offizielle Tolkien-Verfilmung bleiben wird. Als solche macht sie ihre Sache ordentlich, leidet aber wie die beiden ersten Teile der Trilogie vor allem darunter, daß die schmale, an ein sehr junges Publikum gerichtete Buchvorlage dramaturgisch nicht ansatzweise so viel hergibt wie "Der Herr der Ringe".

Das Kernproblem von "Die Schlacht der fünf Heere" in inhaltlicher Hinsicht ist, daß die eigentliche "Hobbit"-Geschichte im Grunde genommen bereits in den beiden Vorgänger-Filmen auserzählt wurde. Wie der Titel bereits vermuten läßt, konzentriert sich der dritte Teil fast ausschließlich auf die epische Schlacht zwischen Zwergen, Elben, Menschen, Adlern und Orks (die im Buch übrigens nur wenig Raum einnimmt, da Protagonist Bilbo die meiste Zeit über bewußtlos ist). Das war so im Vorfeld nicht unbedingt zu erwarten, da Jackson von Anfang an ankündigte, die ziemlich ausführlichen "Der Herr der Ringe"-Anhänge in seine "Hobbit"-Adaption einzubauen und so eine Brücke zwischen den seinen beiden Trilogien zu erschaffen. Dementsprechend hätte man nach der eigentlichen Schlacht noch einiges an Story erwarten können, doch Jackson hat das entsprechende Material – das sich größtenteils auf Gandalfs (Sir Ian McKellen, "X-Men: Zukunft ist Vergangenheit") Abenteuer in der von einem mysteriösen Totenbeschwörer (Benedict Cumberbatch, "Dame, König, As, Spion") behausten Ruine von Dol Guldur konzentriert – lieber als eine Parallelhandlung eingebaut, die sich weitgehend bereits in "Smaugs Einöde" erschöpft. Im Nachhinein betrachtet ist das eine dramaturgisch fragwürdige Entscheidung, die zudem einiges an erzählerischem Potential liegenläßt.

Peter Jackson selbst (und seinen drei Co-Autoren) war das offensichtlich bewußt, weshalb er wenigstens noch das Ende des Smaug- wie auch des Dol Guldur-Handlungsstrangs bis zum Anfang von "Die Schlacht der fünf Heere" hinauszögert. Betrachtet man die drei "Hobbit"-Teile als einzelne Filme, war das eine glatte Fehlentscheidung. Diese beiden Handlungsstränge hätten entweder (vorzugsweise) bereits in "Smaugs Einöde" zu Ende gebracht werden oder in "Die Schlacht der fünf Heere" eine deutlich größere Rolle spielen müssen. Die Lösung, für die sich Jackson entschied – beides in den ersten 10 bis 15 Minuten abzuhandeln – funktioniert einfach nicht. Gerade freut man sich über die epische Inszenierung von Smaugs Angriff auf Seestadt – da verschwindet der majestätische Drache bereits komplett aus der Handlung. Gerade ist man begeistert von einer denkwürdigen Konfrontation in Dol Guldur – da macht sich auch dieser Storyfaden aus dem Staub. Das ist umso frustrierender, als die nachfolgende Schlacht zwar gewohnt eindrucksvoll und actionreich in Szene gesetzt ist, aber doch keine einzige Sequenz mehr hervorbringt, die an die schiere "epicness" (dafür gibt es einfach kein passendes deutsches Wort) der finalen Smaug- und Dol Guldur-Momente heranreicht. Und wenn ein Film seine Höhepunkte bereits in den ersten Minuten verbrät, dann hat er definitiv ein Problem. Doch natürlich relativiert sich diese Kritik, wenn man Jacksons "Der Hobbit" als das ansieht, als was er von Anfang an gedacht war: als ein sehr, sehr langer Film. Wer sich den in einem Marathon ansieht, dem kann schlicht und ergreifend egal sein, ob einzelne Sequenzen nun noch zum zweiten oder bereits zum dritten Teil gehören …

Andere Kritikpunkte hingegen lassen sich nicht so leicht wegdiskutieren. Ein bißchen ärgerlich ist, daß die Figurenzeichnung noch deutlich stärker vernachlässigt wird als es bereits in den beiden Vorgängern der Fall war. "Die Schlacht der fünf Heere" konzentriert sich in dieser Hinsicht fast ausschließlich auf Bilbo und Thorin – eine nachvollziehbare Entscheidung, die aber nicht so gut funktioniert wie erhofft. Wenngleich Martin Freeman und Richard Armitage ihre Rollen gerade im Dialog miteinander wiederum sehr überzeugend verkörpern, gelingt es Jackson doch nie, Thorins in den beiden Vorgängern nur angedeutete Wandlung hin zu einem gold- und machtgierigen Zwergen richtig greifbar zu machen. Das ist zugegebenermaßen auch nicht einfach und war schon im Buch nicht anders; der Verweis auf das "Drachenfieber" als Ursache für die charakterliche Wandlung wirkt wie ein Alibi-Instrument für etwas, das sich nicht nachvollziehbar erklären läßt. Insofern müssen wir Thorins Wandlung als gegeben hinnehmen, ohne davon emotional überzeugt zu werden. Doch da in diesem Film sowieso die Schlacht den Großteil der Aufmerksamkeit des Publikums auf sich zieht, ist dieses Manko zu verkraften. Schlimmer sind zwei weitere: der Einbau eines nicht funktionierenden "Comic reliefs" sowie erhebliche Logikmängel bei der Schlacht selbst.

Alfrid (Ryan Gage, König Louis XIII. in der britischen TV-Serie "Die Musketiere") war bereits in "Smaugs Einöde" als hinterlistige rechte Hand des selbstherrlichen Seestadt-Bürgermeisters (Stephen Fry, "Sherlock Holmes – Spiel im Schatten") zu sehen, in "Die Schlacht der fünf Heere" hat Regisseur Jackson die Rolle noch deutlich ausgebaut. Leider. Denn während der Bürgermeister ebenso früh aus dem Film verschwindet wie Smaug und Dol Guldur, bleibt uns Alfrid fast bis zum Ende erhalten, wobei er allzu offensichtlich nur einen Zweck erfüllt: Er soll zwischen den zahlreichen Kampfszenen für etwas Humor sorgen. In der Theorie eine ehrenvolle Aufgabe, die in "Der Herr der Ringe" vor allem Zwerg Gimli zukam (zur Verärgerung zahlreicher Fans der Buch-Trilogie). In der Praxis sehr nervig umgesetzt, da Alfrid zunächst wie eine billige Kopie von Grima Schlangenzunge aus "Der Herr der Ringe" wirkt und dann vollständig zur blöden Witzfigur auf niedrigem humoristischen Niveau mutiert. Ich weiß wirklich nicht, was sich Jackson bei dieser Figur gedacht hat; wenn er schon unbedingt eine "lustige" Figur einbringen wollte, dann hätte sich sicher eine geeignetere Alternative gefunden (etwa der Bürgermeister, dessen Darsteller Stephen Fry erwiesenermaßen noch in den dämlichsten Rollen extrem witzig sein kann). Aber so hat er weder sich noch seinem Film noch Alfrid-Darsteller Ryan Gage noch dem Publikum einen Gefallen getan. Ähnlich ärgerlich sind die Logikfehler in der Schlacht. Ich will da gar nicht auf viele Details eingehen, sondern nur ein besonders eklatantes Beispiel skizzieren: Der gerissene Ork-Anführer Azog entwirft einen sehr effektiven, sogar erstaunlich raffinierten Angriffsplan, mit dem er die Schlacht eigentlich beinahe im Handstreich für sich entscheiden könnte – nur um dann seine Truppen ausgerechnet in jenem Moment angreifen zu lassen, als sich Zwerge, Elben und Menschen – die vom Herannahen der Orks nichts ahnen – gerade gegenseitig an die Kehle gehen wollen (was er wohlgemerkt dank seiner Kundschafter weiß und von seiner Feldherren-Position aus sogar sehen kann)! Als Zuschauer kann man sich da wirklich nur noch an den Kopf fassen ob einer solch unglaubwürdigen Dummheit …

Okay, nun aber genug gemeckert, denn (und das mag jetzt manchen Leser dieser Rezension erstaunen): Trotz aller Kritikpunkte hat mir "Die Schlacht der fünf Heere" alles in allem gut gefallen. Wenn man sich damit abfindet, daß dieses Trilogie-Finale letztlich nicht viel mehr als eine große Schlacht ist und Handlung und Charaktere dabei keine große Rolle mehr spielen, dann kann man damit tatsächlich viel Spaß haben. Die in einer beinahe idyllisch zu nennenden winterlichen Landschaft ausgetragene Schlacht ist einfach gekonnt inszeniert, was natürlich niemanden überraschen kann, der "Der Herr der Ringe" gesehen hat. Zwar gilt auch hier, daß die Qualität dieses Meisterwerks nicht ganz erreicht wird, aber der Unterhaltungswert ist ohne Zweifel hoch. Stilistisch erinnert einiges an die Schlacht um Gondor in "Die Rückkehr des Königs", wenngleich Vergleichbares zu deren ganz großen Höhepunkten (König Théoden gegen den Hexenkönig von Angmar, Denethors Ende, Gandalf gegen die Ringgeister) fehlt – was wiederum der Buchvorlage geschuldet ist. In sich ist die Schlacht jedoch (bis auf die erwähnten Logikmängel) schlüssig aufgebaut. Es geschieht immer irgendwo etwas Spektakuläres oder Spannendes, es gibt emotionale Szenen, zusätzliche Parteien treten teilweise unerwartet in die Schlacht ein – solcherart lernen wir etwa Thorins Vetter Dain II. Eisenfuß (Billy Connolly, "Fido") kennen. Der Ansatz, zunächst die Schlacht allgemein und gewissermaßen aus einer Feldherren-Perspektive heraus zu verfolgen, um sich in der zweiten Hälfte vermehrt auf einzelne Kämpfer zu konzentrieren, zeigt ebenfalls Wirkung. So kommt beispielsweise Zwerg Dwalin (Graham McTavish, TV-Serie "Outlander"), der in den beiden vorangegangenen Filmen wenige erinnerungswürdige Szenen hatte, endlich zu seinem Recht und kann als Kämpfer glänzen. Elb Legolas (Orlando Bloom, "Die drei Musketiere") darf zudem selbstverständlich wieder einige völlig unmögliche, aber eindrucksvolle Kampfmanöver durchführen, auch Tauriel präsentiert sich kampfstark. Und wenngleich die beiden finalen Duelle, die Jackson sich für den Showdown der Trilogie aufgespart hat, schon deshalb nicht mit "Der Herr der Ringe" mithalten können, weil zwei Orks im Vergleich zu Sauron, Saruman oder den Ringgeistern einfach relativ mickrige Oberbösewichte abgeben: Sowohl Tauriels und Kilis (Aidan Turner, "Chroniken der Unterwelt") Kampf gegen Bolg (dieses Mal von John Tui statt Lawrence Makoare verkörpert, was aber angesichts der Maske und CGI-Effekte nicht weiter auffällt) als auch Thorins entscheidender Zweikampf mit Azog dem Schänder sind dramatisch und höchst sehenswert in Szene gesetzt.

Die Spezialeffekte sind wie immer sehr beeindruckend (zumindest in der "normalen" 3D-Version – Zuschauer der "High Frame Rate"-Variante berichten darüber, daß sie teilweise sehr künstlich aussähen), gleiches gilt für Ausstattung und Kostüme. Howard Shores Musik knüpft ebenfalls nahtlos an die vorangegangenen Filme an und während des Abspanns bereitet Pippin-Darsteller Billy Boyd dem Publikum mit der wehmütigen Ballade "The Last Goodbye" einen hörenswerten Abschied aus Mittelerde. Obwohl dieser Trilogie-Abschluß also inhaltlich fast die Anti-These zum Auftakt mit "Eine unerwartete Reise" ist – der sehr langsam ins Rollen kam und sich viel Zeit für die Schilderung der Reise der Gefährten ließ, wohingegen in "Die Schlacht der fünf Heere" alles ruckzuck geht und es nur wenige Charaktermomente in kurzen Kampfpausen gibt –, hat er mir ähnlich gut gefallen. Und damit (trotz identischer Wertung) besser als "Smaugs Einöde", dessen Schwächen mich subjektiv stärker gestört haben als die theoretisch deutlich gravierenderen von "Die Schlacht der fünf Heere". An "Der Herr der Ringe" reicht zwar kein Teil der "Hobbit"-Trilogie heran, das war angesichts der unbestritten deutlich niedrigeren Qualität der Buchvorlage aber auch nicht anders zu erwarten. Ein schönes Mittelerde-Abenteuer haben Peter Jackson und sein Team jedenfalls dennoch ein letztes Mal geschaffen. Eines, das einem den cineastischen Abschied aus Mittelerde durchaus schwer macht.

Fazit: Wer sich damit abfinden kann, daß die eigentliche Handlung größtenteils bereits im Vorgänger "Smaugs Einöde" auserzählt wurde, der bekommt mit "Der Hobbit – Die Schlacht der fünf Heere" einen sehr unterhaltsamen Action-Fantasyfilm mit spektakulären Schauwerten geboten.

Wertung: Knapp 8 Punkte.


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