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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Donnerstag, 20. Dezember 2012

TATSÄCHLICH ... LIEBE (2003)

Originaltitel: Love Actually
Regie und Drehbuch: Richard Curtis, Musik: Craig Armstrong
Darsteller: Bill Nighy, Gregor Fisher, Hugh Grant, Martine McCutcheon, Billy Bob Thornton, Keira Knightley, Chiwetel Ejiofor, Andrew Lincoln, Colin Firth, Lúcia Moniz, Sienna Guillory, Alan Rickman, Emma Thompson, Heike Makatsch, Liam Neeson, Thomas Sangster, Martin Freeman, Joanna Page, Laura Linney, Rodrigo Santoro, Michael Fitzgerald, Abdul Salis, Kris Marshall, Rowan Atkinson, Olivia Olson, Claudia Schiffer, Elisha Cuthbert, Shannon Elizabeth, Denise Richards, January Jones, Ivana Milicevic, Ant & Dec
 Love Actually
(2003) on IMDb Rotten Tomatoes: 64% (6,4); weltweites Einspielergebnis: $246,9 Mio.
FSK: 6, Dauer: 135 Minuten.

London in der Vorweihnachtszeit: Während der neue Premierminister (Hugh Grant, "Cloud Atlas") sein Amt antritt und dabei u.a. mit einer schusselig-charmanten Bediensteten (Sängerin Martine McCutcheon) und einem arroganten US-Präsidenten (Billy Bob Thornton, "Bad Santa") konfrontiert wird, plant der alternde Rockstar Billy Mack (grandios: Bill Nighy, "Zorn der Titanen") sein Comeback mit einer Weihnachtsversion des Wet Wet Wet-Klassikers "Love is all around". Der Schriftsteller Jamie (Colin Firth, "Dame, König, As, Spion") flieht derweil nach Frankreich, nachdem er seine Frau (Sienna Guillory, "Resident Evil: Retribution") mit seinem Bruder im Bett erwischt hat, und kommt dort trotz Sprachbarriere seiner portugiesischen Haushälterin (Lúcia Moniz) näher. Das ältere Ehepaar Harry (Alan Rickman, "Harry Potter") und Karen (Emma Thompson, "Sinn und Sinnlichkeit") sollte über solche Flausen längst hinweg sein, doch Harry schmeicheln die Avancen seiner jungen Sekretärin (Heike Makatsch). Peter (Chiwetel Ejiofor, "Serenity") grämt sich, daß sein bester Freund Mark (Andrew Lincoln aus der TV-Serie "The Walking Dead") seine frischangetraute Ehefrau Juliet (Keira Knightley, "Anna Karenina") offenbar nicht leiden kann, doch dessen wahre Beweggründe für sein distanziertes Verhalten kennt er nicht. Unterdessen müssen sich Daniel (Liam Neeson, "The Grey") und sein Sohn Sam (Thomas Sangster, "Die letzte Legion") mit dem Verlust von Ehefrau bzw. Mutter arrangieren – was dadurch nicht einfacher wird, daß Sam mit den unerträglichen Seelenqualen der ersten Liebe konfrontiert wird ...

Kritik:
Als der in Neuseeland geborene britische Drehbuch-Autor und Spezialist für romantische Komödien ("Vier Hochzeiten und ein Todesfall", "Notting Hill") Richard Curtis im Herbst 2003 sein Regiedebüt "Tatsächlich ... Liebe" vorlegte, war nicht wirklich zu erahnen, daß sich der Episodenfilm innerhalb kürzester Zeit zu einem modernen Weihnachts-Klassiker entwickeln würde. Schließlich waren die Kritiken nur verhalten wohlwollend und das US-Einspielergebnis von knapp $60 Mio. nicht viel mehr als ordentlich. Doch vor allem in Europa strömten die Menschen in Scharen in die Kinosäle und sorgten dafür, daß das Budget von $40 Mio. mehr als versechsfacht wurde – und die Heimkino- und TV-Auswertung taten ihr übriges, um "Tatsächlich ... Liebe" unauslöschlich in den Herzen der Menschen zu verankern. Nun, natürlich nicht aller Menschen. Denn Curtis' Film ist hemmungslos romantisch, dabei durchaus manipulativ und jederzeit bereit, die Grenze zum Kitsch selbstbewußt zu überschreiten mit Szenen, die so wunderschön und zuckersüß sind, daß man vor Rührung beinahe anfängt zu weinen. Oder schreiend wegrennt, da so etwas naturgemäß nicht jedem gefällt – ähnliches schrieb ich übrigens in meiner Renzesion zu Steven Spielbergs schwelgerischem Pferde-Epos "Gefährten", dessen Skript von wem wohl stammt? Richtig, Richard Curtis (gemeinsam mit Lee Hall).

Insgesamt umfaßt "Tatsächlich ... Liebe" neun Episoden, die von Curtis geschickt miteinander verwoben wurden und verschiedene Aspekte der Liebe thematisieren. Die romantische Liebe (sowohl in der erwiderten als auch der unerwiderten Form) steht im Mittelpunkt, aber auch verwandschaftliche Liebe, platonische Liebe und natürlich auch körperliche Liebe spielen eine Rolle. Auf diese Weise wird das zweifelsohne dominierende komödiantische Element mit Dramatik und Melancholie verbunden. Da es sich nun eimal um einen Weihnachtsfilm handelt, überwiegen letztlich erwartungsgemäß die Happy-Ends, doch Curtis scheut keineswegs davor zurück, auch diejenigen zu zeigen, die ihr Glück (noch?) nicht finden. Sein bereits seit den 1980er Jahren (unter anderem in der Kultserie "Black Adder") immer wieder nachgewiesenes überragendes Talent für unfaßbar witzige, dabei oft auch hintersinnige Dialoge sorgt dafür, daß man sich als der Thematik gegenüber aufgeschlossener Zuschauer niemals langweilt. Die neun Episoden funktionieren allesamt einwandfrei, lediglich eine – der junge, von der heimischen Damenwelt frustrierte Colin (Kris Marshall, "Sterben für Anfänger") reist kurzentschlossen in die USA, um dort mit seinem britischen Charme (und Dialekt) sein Liebesglück zu finden – fällt für meine Begriffe etwas ab. Nicht etwa, weil sie nicht witzig wäre, sondern weil sie als einzige komplett komödiantisch und dabei recht oberflächlich ist.

Ein entscheidender Erfolgsfaktor von "Tatsächlich ... Liebe" ist zudem das gewaltige und ausnehmend gut aufgelegte Staraufgebot. An erster Stelle ist hierbei der wunderbare Bill Nighy zu nennen, der tatsächlich erst durch seine Darstellung des herrlich schrägen Rockstars Billy Mack zu seinem internationalen Durchbruch gelangte. Doch auch Hugh Grant als charmante Idealvorstellung eines Politikers, Keira Knightley als Traumfrau von nebenan, Alan Rickman als strauchelnder Ehemann, Emma Thompson als seine zutiefst verletzte Gattin oder Laura Linney als durch die schmerzhafte, aber unerschütterliche Liebe zu ihrem geistig behinderten Bruder gebeutelte Sarah verleihen dem Film und ihren Figuren Persönlichkeit und schauspielerisches Gewicht. Ebenso wie Martin Freeman ("Der Hobbit") als schüchterner Pornodarsteller, Liam Neeson als nach dem Tod seiner Frau zunächst überfordert erscheinender Vater, OSCAR-Gewinner Colin Firth als romantischer Schriftsteller, Thomas Sangster als Teenager im Gefühlschaos zwischen tiefer Trauer und erster Liebe, Rowan Atkinson ("Johnny English") als gewissenhafter, aber begrenzt hilfreicher Kaufhausangestellter sowie alle, wirklich ausnahmslos alle übrigen Darsteller.

Dazu präsentiert Richard Curtis eine nicht unbedingt originelle, aber zum vorweihnachtlichen Geschehen hervorragend passende Songauswahl, deren Spektrum von den Beatles über Joni Mitchell und Santana bis hin zu den Sugababes und Mariah Carey reicht. Ausgesprochen sehenswert sind übrigens ebenfalls die auf DVD und BluRay enthaltenen (und von Curtis kommentierten) "Deleted Scenes", die mehr als eine halbe Stunde umfassen und nur deshalb gestrichen wurden, weil der Film mit gut 130 Minuten sowieso schon sehr lang ist.

Fazit: "Tatsächlich ... Liebe" ist ein wunderbarer Weihnachtsfilm mit Mut zu gehobenem Kitsch, der ganz in der Tradition von Frank Capra ("Ist das Leben nicht schön?") eine romantische Handlung mit viel Humor, etwas Dramatik und einer nicht zu unterschätzenden Prise Melancholie würzt – und dabei mit einem großartigen Schauspieler-Ensemble glänzt. Kurzum: Ein Film zum Verlieben.

Wertung: 10 Punkte.


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