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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Dienstag, 6. November 2012

EIN QUANTUM TROST (2008)

Originaltitel: Quantum of Solace
Regie: Marc Forster, Drehbuch: Neal Purvis, Robert Wade, Paul Haggis, Musik: David Arnold
Darsteller: Daniel Craig, Dame Judi Dench, Mathieu Amalric, Jeffrey Wright, Olga Kurylenko, Giancarlo Giannini, Gemma Arterton, Jesper Christensen, David Harbour, Anatole Taubman, Rory Kinnear, Joaquín Cosío, Tim Pigott-Smith, Stana Katic, Neil Jackson, Simon Kassianides
 Quantum of Solace
(2008) on IMDb Rotten Tomatoes: 65% (6,2); weltweites Einspielergebnis: $586,1 Mio.
FSK: 12, Dauer: 106 Minuten.

Nach den dramatischen Ereignissen aus "Casino Royale" ist der britische Geheimagent James Bond (Daniel Craig, "Skyfall", "Verblendung") auf Rache aus. Er entführt Mr. White (Jesper Christensen, "Melancholia"), der ein führendes Mitglied der Verbrecherorganisation "Quantum" ist, und bringt ihn zum Verhör nach London. Doch White kann fliehen und Bond macht sich im Auftrag von Geheimdienstchefin M (Dame Judi Dench, "Jane Eyre") wieder auf die Jagd nach den Bösewichten. Dabei stößt er schon bald auf den sinistren, nur vordergründig wohltätigen Unternehmer Dominic Greene (Mathieu Amalric, "Schmetterling und Taucherglocke") sowie auf dessen heißblütige Geliebte Camille (Olga Kurylenko, "Oblivion"). Und auch der CIA-Agent Felix Leiter (Jeffrey Wright, "The Ides of March", "Extrem Laut & Unglaublich Nah") kreuzt erneut Bonds blutgetränkten Weg ...

Kritik:
Nach Daniel Craigs spektakulärem 007-Debüt in Martin Campbells "Casino Royale" waren die Erwartungen an die Fortsetzung – denn es handelt sich tatsächlich erstmals in der Historie der Bond-Filme um eine direkte Fortsetzung des Vorgängers, die zeitlich unmittelbar an dessen Finale anschließt – sehr hoch. Als Regisseur wurde der Schweizer Marc Forster engagiert, der sich vor allem mit sensiblen Dramen wie "Monster's Ball", "Wenn Träume fliegen lernen" oder "Drachenläufer" einen guten Namen in Hollywood erworben hat. Doch es ist immer ein Wagnis, einem solchen klassischen Arthouse-Filmemacher die ungewohnte Leitung eines großen Action-Blockbusters zu überlassen. Lobenswerter Hintergedanke der Produzenten ist es dann in der Regel, eine Großproduktion zu erschaffen, bei der das Publikum auch ab und zu mal das Gehirn benutzen darf – Paradebeispiel dafür sind die Filme von Christopher Nolan. Manchmal geht ein solches Wagnis gut, manchmal nicht. Bei "Ein Quantum Trost" eher nicht.

Dabei ist es schwer zu beurteilen, welches Maß an Verantwortung Forster für das Scheitern auf hohem Niveau seines Bond-Abenteuers wirklich trägt. Eine schwerwiegende, vielleicht sogar entscheidende Problematik, mit der der Schweizer völlig unverschuldet konfrontiert wurde, sind nämlich die Folgen des Streiks der Drehbuch-Autoren im Jahr 2007. Dieser führte dazu, daß die Dreharbeiten von "Ein Quantum Trost" mit einer suboptimalen, von OSCAR-Gewinner Paul Haggis ("L.A. Crash") auf den letzten Drücker vor Beginn des Streiks fertiggestellten Drehbuch-Überarbeitung begonnen werden mußten, an der während der Produktion ständig von Regisseur und Hauptdarsteller herumgedoktert wurde – ein "echter" Autor durfte nicht ran, solange der Streik andauerte. Diese Umstände kann man Forster schwerlich anlasten, letztlich mußte er Schadensbegrenzung leisten und das Beste aus dem herausholen, was ihm von den eigentlich hochkarätigen Autoren Purvis, Wade und Haggis geliefert wurde.

Allerdings sind auch einige handwerkliche Schwächen des an ein Projekt dieses Genres und dieser Größenordnung nicht gewöhnten Regisseurs schwer zu übersehen. Beispielsweise ist der häufige Einsatz der wackligen Handkamera offenkundig vom großen Kassenerfolg der "Bourne"-Filme inspiriert, paßt zum Spion mit der Lizenz zum Töten aber nicht so richtig und wirkt zudem recht ungelenk in Szene gesetzt. Nur in den wenigen ruhigeren Momenten der grimmigen Handlung gelingt es Forster, seine Fähigkeiten als Autorenfilmer auszuspielen, besonders augenfällig zu Beginn der Sequenz rund um die Seebühne Bregenz. Leider paßt vor allem im ersten Filmdrittel die Erzählstruktur nicht wirklich: Eine Actionszene reiht sich an die nächste, ohne große Erklärungen, manchmal gar scheinbar ohne echten (für das Publikum ersichtlichen) Sinn. Erst nach etwa einer halben Stunde beruhigt sich alles ein wenig und die typischen Stärken eines 007-Films können sich zumindest einigermaßen entfalten. Generell fallen die Actionsequenzen jedoch für Bond-Verhältnisse eher zahm aus. Das wäre kein großes Problem, solange Marc Forster sein vielfach nachgewiesenes Können in Sachen Dramaturgie, Schauspielerführung und Figurenzeichnung ausspielen könnte. Doch genau das verhindert eben zumindest teilweise das maue Drehbuch.

Vor allem der Oberbösewicht Dominic Greene leidet hierunter, denn trotz Mathieu Amalrics intensiver Darstellung bleibt der Ökoterrorist mangels spannender Dialoge oder Charakterzüge erstaunlich blaß und dürfte als einer der langweiligsten Bondschurken in die Geschichte der Filmreihe eingehen. Andere haben es etwas besser getroffen: Olga Kurylenko gefällt als toughe und vergleichsweise komplex gezeichnete Camille, Gemma Arterton ("Prince of Persia", "Kampf der Titanen") läßt als auf den schönen Namen "Strawberry Fields" hörende britische Konsulatsangehörige wünschen, sie wäre ein größerer Bestandteil der ziemlich düsteren Story und die "Casino Royale"-Rückkehrer Jeffrey Wright und Giancarlo Giannini (als Agent René Mathis) bauen ihre Rollen gekonnt aus. Daniel Craig, der diesen neuen Bond als getriebenen, durch die trüben Grauzonen der Moralität lavierenden Mann porträtiert, und Dame Judi Dench wissen natürlich ebenfalls wiederum zu überzeugen, auch wenn das Skript ihren Figuren dieses Mal bei weitem nicht so viel Entwicklungsspielraum gewährt wie im Vorgänger.  

Fazit: "Ein Quantum Trost" – mit einer Laufzeit von 106 Minuten übrigens der bis dahin kürzeste Bond-Film wird aufgrund eklatanter Drehbuchschwächen als einer der schwächeren Beiträge zur populären Geheimagenten-Reihe in Erinnerung bleiben. Aber dank der traditionell guten Besetzung und der soliden Inszenierung ist selbst ein enttäuschender Bond-Film immer noch ein akzeptabler Actionfilm.

Wertung: 6,5 Punkte.


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