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In eigener Sache: Mein neues Filmbuch

Einigen Lesern ist bestimmt aufgefallen, daß ich in der rechten Spalte meines Blogs seit längerer Zeit das Cover meines neuen Buchs präsen...

Freitag, 27. April 2012

THE AVENGERS (3D, 2012)

Regie und Drehbuch: Joss Whedon, Musik: Alan Silvestri
Darsteller: Robert Downey Jr., Chris Evans, Chris Hemsworth, Mark Ruffalo, Tom Hiddleston, Scarlett Johansson, Jeremy Renner, Samuel L. Jackson, Cobie Smulders, Gwyneth Paltrow, Stellan Skarsgård, Clark Gregg, Jenny Agutter, Powers Boothe, Harry Dean Stanton, Alexis Denisof
 The Avengers
(2012) on IMDb Rotten Tomatoes: 92% (8,1); weltweites Einspielergebnis: $1518,8 Mio.
FSK: 12, Dauer: 143 Minuten.

Thors machtgieriger Bruder Loki (Tom Hiddleston, "Gefährten") dringt in die Zentrale des von Nick Fury (Samuel L. Jackson, "Django Unchained") geleiteten Geheimdienstes S.H.I.E.L.D. ein und bringt ein mächtiges Artefakt in seine Gewalt. Mit diesem will er ein Portal zu einer außerirdischen Kriegerrasse öffnen und sich mit deren Hilfe zum alleinigen Herrscher der Erde erklären. Durch eine Art von Gehirnwäsche sichert Loki sich zusätzlich die Unterstützung des treffsicheren S.H.I.E.L.D.-Agenten Hawkeye (Jeremy Renner, "Das Bourne Vermächtnis") und des Wissenschaftlers Dr. Selvig (Stellan Skarsgård, "Thor"). Um die Erde zu retten, sieht Fury nur noch einen Weg: Er ruft die Superhelden Captain America, Iron Man und Hulk zusammen, Thor folgt freiwillig, um seinen Bruder ein weiteres Mal aufzuhalten ...

Kritik:
Es war durchaus mutig, ein so gigantisches und von Comicfans auf der ganzen Welt sehnsüchtigst erwartetes Großprojekt wie die Superhelden-Vereinigung "The Avengers" einem Mann anzuvertrauen, der zwar von seiner großen Fangemeinde geradezu hymnisch verehrt wird, dessen (vor allem kommerzielle) Kino-Meriten sich bislang jedoch in engen Grenzen halten: Joss Whedon, Schöpfer der TV-Serien "Buffy", "Angel" und "Firefly" sowie des Kinofilms "Serenity", zeichnet nicht nur für das Drehbuch von "The Avengers" verantwortlich, sondern hat auch gleich die Regie übertragen bekommen. Künstlerisch hat sich dieses unternehmerische Risiko eindeutig ausgezahlt – ob der Film auch an den Kinokassen wird überzeugen können, muß sich erst in den nächsten Tagen und Wochen herausstellen, die Wahrscheinlichkeit dafür ist jedoch sehr hoch.

Die ersten zwei Drittel des gut 140 Minuten langen Werks unterscheiden sich qualitativ nicht allzu sehr von den sechs "Einzelfilmen" des Franchises. Da die Helden alle bereits in den vorherigen Filmen eingeführt wurden, geht Whedon ziemlich schnell in medias res. Die vier Haupt-Superhelden werden sozusagen der Reihe nach eingesammelt (schönes Detail am Rande: Iron Mans Einführungsszene ist mit dem AC/DC-Song "Shoot to Thrill" unterlegt, nachdem die australischen Hardrock-Legenden ja in Form eines Best-Ofs fast den kompletten Soundtrack zu "Iron Man 2" beigesteuert hatten) und dann beginnt auch schon die Suche nach Loki und seinen beiden unfreiwilligen Verbündeten. Die Story ist nicht mehr als zweckmäßig und auch den Charakteren werden nicht wirklich neue Facetten abgewonnen, aber das war bei einem High-Concept-Film wie diesem auch nicht anders zu erwarten. Allein die schiere Masse an wichtigen Figuren verhindert echte Entwicklungen, für die waren erklärtermaßen die sechs vorangegangenen Filme gedacht. Das ist für Iron Man, Captain America, Hulk und Thor, die jeweils mindestens einen "eigenen" Film gewidmet bekamen, absolut okay – bei Black Widow (Scarlett Johansson) und Hawkeye, die bislang nur je einmal in Nebenrollen zu sehen waren, wäre etwas mehr Hintergrund jedoch schön gewesen. Whedon hat das zwar natürlich erkannt und ansatzweise berücksichtigt, die beiden Figuren bleiben dem Publikum dennoch relativ fremd. Gleiches gilt für die toughe S.H.I.E.L.D.-Agentin Maria Hill (Cobie Smulders aus der TV-Serie "How I Met your Mother"), den einzigen richtigen Neuzugang im Ensemble.

Das Hauptaugenmerk von "The Avengers" liegt zunächst ganz eindeutig bei den Versuchen der Superhelden, trotz ihrer gigantischen Egos halbwegs effektiv zusammenzuarbeiten. Zunächst bleibt es bei Versuchen, denn Teamarbeit sind die so unterschiedlichen Charaktere einfach nicht gewohnt. Der altmodisch ernsthafte Captain America, der stoisch-schweigsame Banner, der stürmische Thor und der selbstverliebte, ständig witzelnde Iron Man – da sind Konflikte vorprogammiert. In wechselnden Konstellationen gibt es denn auch zahlreiche, meist verbale, gelegentlich auch physische Auseinandersetzungen, die alle eines gemeinsam haben: Sie sind höchst amüsant. Whedons bewährtes Talent für gewitzte Dialoge samt popkultureller Anspielungen scheint immer wieder durch, auch wenn er sich im Sinne des Gesamtprojekts offensichtlich etwas zurückgehalten hat.

Ganz und gar nicht gilt das jedoch für eine weitere große Stärke von ihm: sein Gespür für Dramaturgie. Während fast alle der "Avengers"-Einzelfilme in dieser Hinsicht mehr oder weniger deutliche Schwächen offenbarten, spielt Whedon hier sein ganzes Können aus. Auch wenn die ersten 100 Minuten vielleicht hier und da ein klein wenig hätten gestrafft werden können – im finalen Akt läuft "The Avengers" zur absoluten Hochform auf. Für mich ist es oft ein Ärgernis, daß bei vielen Comicverfilmungen und sonstigen Sommerblockbustern die Handlung gegen Ende hin immer stärker in den Hintergrund gedrängt wird und man stattdessen auf Nonstop-Action setzt. "The Avengers" ist in dieser Hinsicht eigentlich nicht anders strukturiert, nur: Hier ist der Showdown zwischen den Superhelden auf der einen Seite und Loki mit seiner Alien-Armee auf der anderen dermaßen virtuos in Szene gesetzt, daß es eine wahre Freude ist. Das Kreaturendesign der Aliens ist hervorragend, Loki – meiner Meinung nach sowieso der beste Bösewicht der bisherigen Filme – läuft ein weiteres Mal zur Hochform auf, der Hulk ist beeindruckender als je zuvor. Komponist Alan Silvestri packt seine bombastischsten Melodien aus, die Balance zwischen krachenden Actionsequenzen und eingestreuten Humorhäppchen ist nahezu perfekt und man wird auch für den zuvor etwas enttäuschenden Mangel an epischen Momenten entschädigt. Daß ein paar Verwundungen der Helden in Rekordzeit zu verheilen scheinen und das Schicksal einer Nebenfigur arg schnell abgehandelt wird, ist angesichts dieses grandiosen Finales verzeihbar. Kurzum: Die finalen 40 Minuten sind wohl das beste, was ich bei einem Sommerblockbuster seit "The Dark Knight" gesehen habe.

Das Schauspielensemble füllt seine Rollen gewohnt spielfreudig aus, was gerade bei den internen Scharmützeln zu Beginn naturgemäß sehr hilfreich ist. Ein besonderer Coup ist jedoch mit der eigentlich umstrittenen erneuten Umbesetzung von Bruce Banner alias Hulk gelungen. Nach Eric Bana und Edward Norton schlüpft nun Mark Ruffalo ("The Kids Are All Right", "Shutter Island") in die Rolle des leidgeprüften Wissenschaftlers und obwohl seine beiden Vorgänger jeweils eine gute Leistung gezeigt haben, wirkt Ruffalo deutlich überzeugender. Er füllt die Rolle so perfekt aus, daß man nur hoffen kann, daß er sie noch öfters spielen darf – zumal er in "The Avengers" von den vier Haupthelden leider am wenigsten zu tun bekommt. Dafür ist, wie erwähnt, der Hulk ein absolutes Highlight. Erstmals wirkt er nicht mehr wie ein computergeneriertes grünes Monstrum, sondern fügt sich absolut glaubwürdig in die realen Hintergründe ein – zudem ist die Ähnlichkeit des Hulk zu Banner/Ruffalo unübersehbar, womit einer der größten optischen Kritikpunkte der vorherigen "Hulk"-Filme getilgt ist. Die für die Reihe obligatorische zusätzliche Szene gibt es übrigens auch, diesmal allerdings bereits nach dem ersten Teil des Abspanns und nicht erst ganz am Schluß.

Fazit: "The Avengers" ist ein Sommerblockbuster, wie man ihn sich wünscht. Zwar storymäßig schlicht und zu Beginn möglicherweise einen Tick zu redselig, aber mit einer durchdachten Dramaturgie, starken Schauspielern, viel Humor, teilweise brillanten Spezialeffekten und einem virtuos durchchoreographierten Showdown, der seinesgleichen sucht.

Wertung: 9 Punkte.


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